Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz

Allgemeines

  • PSAgA darf nur von körperlich und geistig geeigneten sowie unterwiesenen Arbeitnehmern benützt werden. Die Unterweisung ist von Fachkundigen durchzuführen.
  • Bei jedem Einsatz von PSAgA sind Rettungsmaßnahmen festzulegen.
  • Angeseilte Personen sind ständig durch eine weitere Person zur Einleitung von Hilfsmaßnahmen zu überwachen.
  • Vor jedem Einsatz:
    • Die Gebrauchsanleitung des Herstellers muss beachtet werden.
    • Eine Sichtprüfung an Seilen, Gurten und Zubehör ist vor jeder Benutzung erforderlich.
  • Beim Einsatz:
    • Der Anschlagpunkt muss die Belastung eines fallenden Körpers aufnehmen können.
    • Der Anschlagpunkt soll möglichst senkrecht über dem Benutzer sein.
    • Nach einem Absturz dürfen alle Teile der PSAgA nicht mehr verwendet werden.
  • Aufbewahrung der PSAgA
    • In trockenen, nicht zu warmen Räumen freihängend aufbewahren;
    • nicht in der Nähe der Heizung lagern;
    • nicht aggressiven Stoffen wie z. B. Säuren, Laugen, Lötwasser, Ölen, aussetzen;
    • möglichst vor direkter Lichteinwirkung und UV-Strahlung schützen;
    • vor Funkenflug schützen.
  • Kennzeichnung und wiederkehrende Prüfung
    • Die Geräte müssen mit dem Herstellerzeichen, der Typbezeichnung, dem Herstellungsjahr sowie Serien- oder Herstellungsnummer sowie dem CE-Zeichen mit der Prüfstellennummer gekennzeichnet sein.
    • Prüfungen müssen min. 1x jährlich durch einen Fachkundigen durchgeführt werden.

Alleinarbeit

  • Grundsätzlich ist Alleinarbeit nur dann
    • eine zeitlich verzögerte Hilfeleistung während des Arbeitseinsatzes ohne Folgeschäden möglich ist;
    • eine rechtzeitige Hilfeleistung durch geeignete organisatorische und/oder technische Sicherungsmaßnahmen gewährleistet ist;
    • allein arbeitende und sichernde Personen ausreichend informiert und unterwiesen sind.
  • Hauptprobleme bei Alleinarbeit sind:
    • Sicherstellung der Hilfeleistung und der Ersten Hilfe bei Unfällen oder Schadensfällen;
    • höhere Stresswahrscheinlichkeit, da bei außergewöhnlichen Ereignissen keine Unterstützung gegeben ist. Das Risiko, physisch/psychisch überfordert zu sein, steigt;
    • Hohe Wahrscheinlichkeit, dass Sicherungssysteme nicht/falsch verwendet werden.
  • Eine Person gilt dann als „allein arbeitend und nicht ausreichend gesichert“, wenn ihr im Falle eines Unfalls oder nach einer plötzlichen Erkrankung nicht in „gesellschaftlich akzeptabler Zeit“ Erste Hilfe geleistet werden kann.

Halte- und Auffangsysteme

  • Kann eine technische Absturzsicherung (Seitenschutz) oder Auffangeinrichtung (Fanggerüste oder Fangnetze) nicht angebracht werden oder ist eine PSAgA zusätzlich gefordert, müssen die Arbeitnehmer durch Halte- oder Auffangsysteme gesichert sein.
  • PSAgA darf nur von unterwiesen Mitarbeitern verwendet werden.
  • Bei Auffangsystemen muss die Fallhöhe so gering wie möglich gehalten werden.
  • Vor der Verwendung ist eine augenscheinliche Prüfung des Sytems durchzuführen. Augenscheinlich beschädigte Teile von Halte- und Auffangsystemen dürfen nicht verwendet werden.

Auffanggurte nach ÖNORM EN 361

  • Auffanggurte umschließen Bein- und Schulterbereich der zu sichernden Person. Schultergurt und Beingurt müssen fest miteinander verbunden sein.
  • Zwei Typen von Ösen zur Sicherung:
    • Halteöse: dient zur Arbeitsplatzpositionierung mittels Verbindungsmittel. Sie dürfen nicht als Auffangöse verwendet werden.
    • Auffangöse: jene Öse, in die sich die zu sichernde Person einhängt, um im Fall eines Absturzes aufgefangen zu werden (befindet sich im Rücken oder vorne im Brustbereich) und muss mit „A” gekennzeichnet sein. Sind Ösen mit A/2 gekennzeichnet, müssen zwei Ösen mit einem Karabiner verbunden werden.

Falldämpfer nach ÖNORM EN 355

  • Falldämpfer müssen bei Auffangsystemen verwendet werden um den Fangstoß bei einem Absturz auf max. 6 kN zu begrenzen.
  • Ausnahmen: beim Einsatz von Höhensicherungsgeräten oder Steigschutz ohne Fangschutzbegrenzung.
  • Es gibt verschiedene Ausführungen:
    • Bandfalldämpfer
    • Reibfalldämpfer
    • Geräte mit integrierten Falldämpfern

Mitlaufende Auffanggeräte nach ÖNORM EN 353-2

  • Seilkürzer sind Vorrichtungen, die in Verbindung mit einem Sicherheitsseil (freihängend oder gespannt) die Fallhöhe so gering wie möglich halten.
  • Mitlaufende Auffanggeräte können in eine Richtung frei bewegt werden und blockieren in die andere Richtung bei einem Absturz.
  • Ist der Falldämpfer nicht im mitlaufenden Auffanggerät integriert ist ein Falldämpfer anzubringen.

Höhensicherungsgeräte nach ÖNORM EN 360

  • Im Falle eines Sturzes blockiert das System automatisch.
  • Höhensicherungsgeräte dürfen nur in Verbindung mit einem Auffanggurt verwendet werden.
  • Der Anschlagpunkt soll oberhalb der Arbeitsstelle platziert sein.

Anschlageinrichtungen nach ÖNORM EN 795

  • Anschlageinrichtungen für PSAgA können Anschlagpunkte oder Anschlagkonstruktionen sein und dienen ausschließlich zur Benutzung der PSAgA. Es gibt:
    • mobile und fixe Anschlagsysteme
    • Einzelanschlagpunkte und Seil- oder Schienensicherungssysteme
    • Systeme für Einzel- oder Mehrpersonensicherung
  • Anschlageinrichtungen müssen einer statischen Kraft von 12 kN standhalten.
  • Herstellerangaben und Montageplan der Anschlageinrichtung sind unbedingt zu beachten. Anschlageinrichtungen müssen zugelassen und geprüft sein.

Rettungssystem und Rettungsmittel

  • Ein Rettungssystem, das zur Selbstrettung oder zur Rettung anderer Personen dient, wird dort eingesetzt, wo eine rasche Rettung notwendig ist.
  • Abseilgeräte: Anwendung zum Herablassen von Personen von hoch gelegenen Arbeitsplätzen.
  • Rettungsschlaufen oder -gurte: Anwendung in Verbindung mit Abseilgeräten oder dafür geeigneten Hebezeugen.
  • Rettungshubgeräte: Anwendung über Schächten, Behältern, Kanälen oder Bohrungen.

Rettungsmaßnahmen

  • Bei jedem Einsatz von persönlicher Schutzausrüstung gegen Absturz sind die erforderlichen Maßnahmen für eine etwaige Rettung von Personen zu setzen. Ein Rettungskonzept ist vor Beginn der Arbeiten zu erstellen. Notrufe als alleinige Rettungsmaßnahme sind nicht zulässig.
  • Angeseilte Personen sind ständig durch mindestens eine weitere Person zur Einleitung von Hilfsmaßnahmen zu überwachen.
  • Im Seil aufgefangene Personen möglichst schnell bergen, es besteht durch Blutstau Lebensgefahr!
  • Sicherheitsübungen sind in regelmäßigen Zeitabständen, mindestens jedoch 1x jährlich, durchzuführen. Bei diesen Übungen ist für eine Unterweisung der Arbeitnehmer, denen Aufgaben für den Notfall zugewiesen wurden, die den Einsatz, die Benutzung oder die Bedienung von Schutzausrüstungen und Rettungsmitteln erfordern, zu sorgen. Erforderlichenfalls ist dafür zu sorgen, dass die Arbeitnehmer, denen solche Aufgaben zugewiesen wurden, auch die korrekte Benutzung oder Bedienung einüben.

Hängetrauma

  • Nach einem Sturz muss der Betroffene schnell aus der freihängenden Position befreit werden. Bei Bewusstsein kann der Verunfallte noch durch gezielte Maßnahmen den Eintritt eines Hängetraumas verzögern (Bewegen von Armen und Beinen, Entlastung der Beine mit Hilfe von Trittschlingen oder einem Seilknoten).
  • Es liegt in der Verantwortung des Arbeitgebers, die schnelle Rettung einer im Auffanggurt hängenden Person zu gewährleisten. Er muss deshalb für die notwendigen Einrichtungen und Mittel sowie für fachkundiges Personal zum Retten aufgefangener Personen sorgen.
  • Ein Hängetrauma kann entstehen, wenn beim Hängen in einem Auffanggurt, z. B. nach einem Sturz vom Dach, der Rückstrom des Blutes aus den Beinen behindert wird. Auf Grund der Bewegungslosigkeit fehlt die Funktion der so genannten „Muskelpumpe“, wodurch eine große Menge des Blutes in die Beine absackt. Dies kann zu einem (Kreislauf)-Schock führen, weshalb das Hängetrauma einem (orthostatischen) Schock entspricht. Der beeinträchtigte Blutkreislauf kann recht schnell zu einer Unterversorgung des Gehirns und wichtiger Organe mit Sauerstoff führen. Sauerstoffmangel verursacht Bewusstlosigkeit und kann tödlich enden. Daher sind bei der Rettung und der ersten Hilfe besondere Maßnahmen geboten.
  • Wichtig ist der Umstand, dass bereits nach wenigen Minuten bewegungslosem Hängen erste Anzeichen (Blässe, Schwitzen, Kurzatmigkeit, zunächst Pulsanstieg, Blutdruckanstieg, Schwindel, Übelkeit, später Blutdruckabfall und Pulsabfall) eines Hängetraumas auftreten können. Die sofortige Veranlassung der richtigen Rettungsmaßnahmen ist daher entscheidend für die Rettung der betroffenen Person. Wie schnell die Gefährdung eintritt, ist abhängig von Faktoren wie der Konstruktion des Auffanggurtes und der Fitness des Verunfallten.

Erste-Hilfe-Maßnahmen

  • Ein Hängetrauma ist ein medizinischer Notfall! Es sind umgehend der Notruf abzusetzen und ein Notarzt anzufordern!
  • Nach Sturz in den Auffanggurt muss der Betroffene schnellstmöglich aus seiner Position befreit werden. Das vom Arbeitgeber vorgesehene Rettungsverfahren ist umgehend einzuleiten.
  • Beengende Gurte und Kleidungsstücke sind zu öffnen. Ist die gerettete Person bewusstlos, aber atmet normal, ist die stabile Seitenlage herzustellen. Ist die gerettete Person bewusstlos und hat keine normale Atmung, so sind die üblichen Maßnahmen der Wiederbelebung durchzuführen. Sofern nach der Rettung kein Hängetrauma, sondern andere Verletzungen vorliegen, sind die normalen Maßnahmen der ersten Hilfe durchzuführen.

Prävention

  • Bei der Gefährdungsbeurteilung muss berücksichtigt werden, dass eine Person nach einem Auffangvorgang völlig hilflos im Auffanggurt hängen kann und gerettet werden muss. Die notwendigen Maßnahmen und Vorgehensweisen sind vorher festzulegen und in regelmäßigen Zeitabständen zu üben. Wenn die nachfolgenden organisatorischen Maßnahmen eingehalten werden, kann dem Risiko, ein Hängetrauma zu erleiden, wirksam begegnet werden:
    • Auswahl fachlich und körperlich geeigneter Personen;
    • Auswahl geeigneter Auffanggurte (Anpassung und Hängeversuche) – die richtige diesbezügliche Auswahl kann ein Hängetrauma zumindest zeitlich um einige Minuten verzögern!
    • Aufstellen eines geeigneten Rettungsplanes;
    • Unterweisung einschließlich Übungen für persönliche Schutzausrüstungen;
    • mindestens eine zweite Person zur unverzüglichen Einleitung der Sofort- und Rettungsmaßnahmen vor Ort;
    • Vorhalten der Rettungsausrüstung vor Ort;
    • Weiterbildung der Ersthelfer zur Problematik des Hängetraumas.

 Vorschriften und Regeln

  • PSA-V (Verordnung Persönliche Schutzausrüstung) § 14
  • BauV (Bauarbeiterschutzverordnung) §§ 120 und 122
  • AUVA-Merkblatt M 222 Arbeiten auf Dächern
  • AUVA-Merkblatt M 327 Behälter
  • AUVA-Merkblatt M.plus 750 Sicherheit für Seile und Gurte gegen Absturz
  • AUVA-Broschüre „Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz und Rettungsausrüstungen“



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